Die Antwort in Kürze lautet im Falle von Content Übernahme aus Wikipedia Texten: JA, aber … – der Autor muss zitiert werden und das übernommene und unter Umständen veränderte Werk muss unter die gleichen Lizenzbedingungen gestellt werden wie seine Quelle (GFDL, siehe unten GNU Lizenz für freie Dokumentation).
Auch wenn die Frage damit beantwortet ist:
trotzdem nachfolgend ein paar beachtenswerte Hinweise
Die Frage hat den Hintergrund, dass man einerseits nicht etwas neu texten muss, wenn bereits gut erarbeitete Quellen vorliegen. Zitation fremder Quellen – nicht nur im Internet und nicht nur von Wikipedia-Quellen – bringt eben Urheberrechtsfragen.
Ich versuche, möglichst kurz und trotzdem halbwegs übersichtlich einige beachtenswerte Dinge darzustellen – eigentlich handelt es sich ja um ein Thema, das ganze Bände füllen kann … Auch werde ich qualitativ hochwertige (z.B. das Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts) Quellen auswählen und Links dazu setzen (wo möglich), damit eine weitere Vertiefung zu einzelnen Themen einfach möglich ist.
Anmerkung: Die zitierten Gesetzestexte beziehen sich (sofern nicht anders bezeichnet) auf das österreichische Urheberrecht, das dem deutschen aber durchaus ähnlich ist.
Übernahme ganzer Werke
Ganze Werke können an sich nicht ohne die Einwilligung des Urhebers verwendet werden – eine Ausnahme bilden beispielsweise Wikipedia Beiträge, siehe dazu weiter unten „GNU Lizenz für freie Dokumentation GFD“. Der Urheber muss (außer im Fall der GFD oder der Gemeinfreiheit) zuvor um Einwilligung gebeten werden und hat auch einen Vergütungsanspruch für die Werknutzung, dessen Höhe Verhandlungssache ist. Ausnahme davon: 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt das Urheberrecht (§60 UrhG). Zitate von Caesar, Plato – nicht aber Asterix!!! 😉 – können also gefahrlos verbreitet werden …
Auch wird man als Urheber die Urheberschaft nicht mehr los 🙂 – man kann sie gar nicht ablegen (§ 23 (3) UrhG)! Die Rechte zur Werknutzung lassen sich jedoch übertragen. Im Folgenden mehr zu einigen verschiedenen Möglichkeiten, wie das getan werden kann. In Zeiten von Flickr und Wikipedia ist es besonders angeraten, eine Form der Lizenzierung beim Upload oder beim Freischalten bewußt zu wählen und sich zu orientieren, welche Rechte auf welcher Plattform gelten (see the fascinating terms of service of the very providers 😉 ).
Zitate von Textpassagen, Grafiken etc.
Dazu gibt es das so genannte Zitierrecht.
Es gibt ein öffentliches Interesse an der Verwendung von wissenschaftlichen Werken, deshalb darf in geringem Umfang ohne Einholen einer Genehmigung aus Werken zitiert werden (§ 46 UrhG).
Zitate von Wikipedia Texten unterliegen der GNU Lizenz für freie Dokumentation – zum Nachlesen hier.
Emails zitieren: Der Inhalt von Emails darf nicht ohne Zustimmung des Senders veröffentlicht werden (siehe z.B. Urteil des Landesgerichts Köln, Az. 28 O 157/8). Speziellen Dank an Herrn Mellen für den Hinweis auf diesen wichtigen Sachverhalt und die nützliche Quelle.
Erlaubte Vervielfältigung zum Unterrichtsgebrauch
An sich ist die Vervielfältigung oder das Kopieren von Inhalten für den Unterrichtsgebrauch gestattet, ohne dass ein Vergütungsanspruch des Urhebers entsteht (§ 42 (6) UrhG) – vorausgesetzt, es werden nicht-kommerzielle Zwecke verfolgt. Das gilt verständlicherweise nicht, wenn die Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – das beinhaltet auch den Content einer Webseite, eines Wikis auf einer Uni-Webseite, die öffentlich einsehbar ist oder sein kann – wo also Personen Zugriff erhalten könnten, die nicht zur Zielgruppe „Schüler“, „Studierende“ gehören.
Das Kopieren von als Unterrichtsliteratur deklarierten Werken ist auch für den Gebrauch im Unterricht nicht erlaubt (irgendwie klar 😉 …
Schöpfungshöhe
Eigentlich ja ein recht origineller Begriff – der entgegen der ersten Vermutung nicht die Außenmaße eines Buches (Höhe in cm) beschreibt ;-). Damit ist gemeint, dass einfache Texte oder Grafiken unter Umständen nicht den Rang eines eigenen Werkes erreichen und somit nicht schützenswert sind. Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6pfungsh%C3%B6he
Ein paar „neuere“ Begriffe aus dem Urheberrecht speziell hinsichtlich Web-Content
Besonders bemerkenswert ist der veränderte Zugang zu Copyrights, der mit der Web2.0 Ära einhergeht. Die Haltung, dass eine Gemeinschaft eine Wissensbasis entwickelt (Wikipedia) und dort viele ihr Wissen zur Verfügung stellen, die Tatsache, dass Millionen ihre Fotos auf Flickr hochladen und zur (überwiegend) zur nicht-kommerziellen Verwendung freigeben, geht einher mit der Definition „neuer“ Formen des Copyright – weil ja ein Autor die Urheberschaft nicht ablegen kann lt. 23 (3) UrhG (bloss die Werknutzungsrechte gewähren kann).
Wichtig im Social Web ist deshalb, dass für eigene Schöpfungen (Texte, Bilder …) mit Bedacht ausgewählt wird, welche Rechte man gewährt und welche nicht. Wikipedia fragt nach der Auswahl einer Copyright-Form beim Upload von Bildern und Grafiken – damit unerfahrene Nutzer das nicht übersehen (sehr löblich!).
- GNU Free Documentation License (GNU FDL oder GFDL) / Lizenz für freie Dokumentation
Die GFDL ist die Lizenz, die Wikipedia Beiträge kennzeichnet. Copyright gibt es nämlich auch bei Quellen wie Wikipedia, und im Fall der GFDL heisst dieses Copyright „Copyleft“, der Autor eines Textes hat an seinem Werk das Urheberrecht und muss zitiert werden. Das Verwendungsrecht schließt sogar kommerzielle Verwendung mit ein! Lizenzbedingung: Die verwendeten und unter Umständen veränderten Texte müssen dann unter die gleiche Lizenz gestellt werden.
- GNU General Public License GPL
GNU ist nicht gleich GNU … Der Begründer der GPL, Richard Stallman, ist ein Programmentwickler, Hacker und Free Software Aktivist – und ein origineller Geist: GNU steht für „GNU is not Unix“ (sehr aufschlussreich, genau), und die von ihm unter anderem definierte Lizenz heißt „Copyleft“ – als Wortspiel und Entgegnung auf „Copyright„. Die GPL ist eine Lizenz, die von der Free Software Foundation FSF herausgegeben und zur Lizenzierung freier Software verwendet wird. In unserem Kontext bezüglich der Frage nach der Zitation von Texten und Bildern nicht passend – aber als wichtiger Terminus im Umfeld aktueller Lizenzierungssysteme hier aufgenommen. Insofern bestimmt nützlich für die Lehrgänge SIM: Strategisches Informationsmanagement MSc, ITM: Innovations- und Technologiemanagment MSc und WM: Wissensmanagement MSc sowie VM Veränderungsmanagement MSc – hinsichtlich „Cyber-Law“ und IKT Grundlagen.
http://de.wikipedia.org/wiki/GNU-Lizenz_f%C3%BCr_freie_Dokumentation
- Creative Commons
Creative Commons (CC) ist eigentlich eine non-profit Organisation, die Standard-Verträge für digitale Inhalte entwickelt hat, damit Urheberrecht einfach geregelt werden kann. Das Wort „Commons“ bezeichnet hier also nicht „Allgemeingut“. Unterschieden werden: reine Namensnennung (Zitation), Namensnennung und Bearbeitung unzulässig, Namensnennung und nicht kommerzielle Nutzung (mit und ohne Bearbeitung), Namensnennung und nicht-kommerzielle Verwendung inklusiver erlaubter Weitergabe unter gleichen Bedingungen , sowie Namensnennung und erlaubte Weitergabe unter gleichen Bedingungen. CC hat dazu auch eine eigene Ikonografie entwickelt, die die Vertragsarten deutlich unterscheidet.
Mehr dazu unter: http://de.creativecommons.org/was-ist-cc/ - Public Domain – Gemeinfreiheit
Eigentlich entsprechen einander diese Begriffe nicht gänzlich, obwohl es sich um eine Übersetzung handelt, sind die entsprechenden Regelungen zur Public Domain im angloamerikanischen doch etwas anders als die im deutschsprachigen Raum geregelte Gemeinfreiheit. Prinzipiell ist es so, dass Gemeinfreiheit jene Inhalte betrifft, die entweder dem Urheberrecht nicht mehr unterliegen (z.B. weil die Schutzfrist ausgelaufen ist, also der Urheber vor mehr als 70 Jahren verstorben ist – siehe auch weiter oben) oder weil es sich um ein Werk handelt, das dem Urheberrecht nie unterlag. Mehr: http://de.wikipedia.org/wiki/Public_domain.
- Open Access
Mit Open Access ist speziell der freie Zugang zu wissenschaftlicher Publikation im Internet umfasst. Das bedeutet nicht, dass die Inhalte ungeschützt weiterverwendbar sind und auch nicht vollständig kopiert werden dürfen wie im Falle von Wikipedia. Die Arbeiten können heruntergeladen und gespeichert werden, trotzdem müssen die Autoren zitiert und in Ihrer Urheberschaft respektiert werden. Open Access wirft trotzdem zahlreiche rechtliche Fragen auf, speziell auch dann, wenn ein Autor sein Werk einerseits in einem Open Access Repository (z.B. e-LIS) publiziert hat und es gleichzeitig als Buch verlegen lassen will. Umfangreiche weiterführende Information findet sich auf http://open-access.net/de.
Eine umfassende rechtliche Erklärung dazu finden Sie hier.
Quellen zum weiteren Vertiefen:
!!! Tolle Übersicht: Bundeszentrale für politische Bildung, 5 Seiten Artikel: Kreisläufe des Urheberrechts
Wikipedia Seite zum Thema Urheberrecht
Wikipedia Seite zu Übersetzungen aus anderen Sprachen
http://www.irights.info/ – Top Seite (Deutsch) !!!
Bundeszentrale für politische Bildung, Artikel: Urheberrecht
Versuchen Sie das SPIEGEL Rechtsirrtümer-Quiz
Abschließend eine Frage ans Auditorium:
Wird diese Seite kopiert werden? Was meinen Sie?
Werden wir Kopien finden?
Klar, wir werden sie auch suchen.
Allein schon aus Demonstrationsgründen.
LG und happy writing
Wimblogger
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